"Der kleine Philosoph – Wie Kinder denken" von Frédéric Lenoir

Kinder sinnieren über den Sinn des Lebens

Buchrezension "Der kleine Philosoph – Wie Kinder denken"

Lesezeit: Ca. 3 Minuten

"Mama, kaum zu glauben, dass ich siebeneinhalb Jahre warten musste, bevor ich philosophieren konnte." Mit diesem Zitat des 7-jährigen Julien beginnt das Sachbuch von Frédéric Lenoir, einem französischen Religionswissenschaftler, Soziologen und Philosoph.

Er ist der Ansicht, dass Kinder die "außergewöhnliche Fähigkeit besitzen, die Welt zu hinterfragen, Dinge wissen zu wollen, sich zu begeistern, zu reflektieren, ihre Überlegungen miteinander zu vergleichen – kurzum: zu philosophieren.“ Grund genug für ihn, um Philosophiekurse für Kinder im Vor- und Grundschulalter im französischsprachigen Raum zu geben. Von seinen Erfahrungen berichtet er in seinem Buch "Der kleine Philosoph – Wie Kinder denken", das im Tropen-Verlag erschienen ist.

Weise Philosophen im Miniformat

Einigen Studien zu Folge, können sich Kindern kaum mehr als acht Sekunden konzentrieren. Um zusammen mit den Schülern zu philosophieren, ist aber gerade das wichtig. Damit die Kinder sich auf die Gespräche und Diskussionen einlassen konnten, stellte Lenoir eine Meditationseinheit vor seine Kurse. Scheinbar mit Erfolg: Hector scheint es zu gefallen. "Manchmal, wenn ich etwas mache und gleichzeitig über etwas nachdenke, hilft es mir dabei, mich zu beruhigen und zu konzentrieren", sagt der 9-jährige Schüler. Anschließend befassen sich die Kinder zusammen mit Lenoir mit wichtigen Fragen des Lebens, etwa zum Thema Glück, Emotionen, dem Sinn des Lebens oder über den Respekt anderen gegenüber. Zehn dieser Fragen hat der Autor in seinem Buch in Dialogform widergegeben.
 
Um den Kindern den Einstieg in die Philosophie zu erleichtern, begann Lenoir seine Kurse mit einem universellen und leicht zugänglichen Thema, dem Glück. Über Themen wie Freundschaft und Liebe gelangten sie am Ende zu der Frage nach dem Sinn des Lebens. Die Zitate, die im Buch widergegeben werden, sind zeitweise von überraschender Reife. So sagt zum Beispiel der 10-jährige Christophe über Emotionen: "Meistens kontrollieren die Emotionen uns und nicht wir die Emotionen". Ninon weiß sogar, wie man die Welt ein bisschen freundlicher macht: "Man muss nur ein bisschen lächeln. Und wenn man die ganze Welt anlächelt, dann lächelt sie zurück". Auch über das Thema Tod sprach der Autor mit den Kindern, auch hier waren die Antworten überraschend weise. So sagt Alice zum Beispiel: "Wenn man weiß, dass man sterben muss, hat man mehr vom Leben. Man sagt sich so, dass man es genießen muss, solange man lebt". Und auf die Frage nach dem Sinn des Lebens und ob dieses vorherbestimmt ist, hat Adrien folgende Antwort: "Für mich gibt es nur zwei Momente, über die man nicht selbst entscheiden kann: Wenn man auf die Welt kommt und wenn man die Welt wieder verlässt. Zwischen Geburt und Tod ist man frei".
 
Zum Ende des Buches werden insgesamt zwanzig Grundbegriffe, so nennt es der Autor, erklärt. Zu Themen wie Glück, Körper und Geist, Freiheit, Moral und Religion gibt es nicht nur Definitionen, sondern auch Fragen, die den Leser eventuell dazu anregen, selbst einmal über diese Themen nachzudenken.

Inspirierende Gedanken

Das 231 Seiten umfassende Buch war ein kurzweiliges Lesevergnügen. Ahnungslos darüber, was mich beim Lesen erwarten würde, hatte ich vorher keine genaue Meinung darüber, wie ich das Buch denn wohl finden würde. Der Einblick ist das philosophische Denken der Kinder war äußerst interessant und wenn man sich auf das Thema Philosophie einlässt, kann man daraus sicherlich interessante Schlüsse ziehen. Die Weisheit und vor allem die Reife der Antworten, die die Kinder gegeben haben, hat mich zwischendurch immer wieder sehr überrascht. Zeitweise vergaß ich sogar, dass hier Schüler und nicht Erwachsene ihre Meinung kundtun.
 
Einen Kritikpunkt habe ich allerdings, der weniger dem Inhalt, sondern vielmehr dem Layout des Buches gilt: In den Texten finden sich immer wieder Zitate von den Kindern, die besonders vorgehoben werden. Leider sind diese nicht immer dort zu finden, wo sie eigentlich hingehören würden. So liest man manchmal ein Zitat, das eigentlich erst im nächsten Kurs von einem Kind gesagt wird.
 
Abgesehen von dieser kleinen Kritik spreche ich für das Buch "Der kleine Philosoph – Wie Kinder denken" eine Leseempfehlung für alle aus, die ein wenig mit dem Thema Philosophie anfangen können. Hier werden wirklich interessante Gedanken beleuchtet und es werden Anregungen gegeben, wie Eltern auch im Alltag mit Ihren Kindern über bestimmte Themen sprechen können.

"Der kleine Philosoph – Wie Kinder denken" von Frédéric Lenoir
Tropen-Sachbuch/Klett-Cotta

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